Cannabis - Gefahr im Straßenverkehr?

Neuerdings fühlt sich ja jede/r, die/der beruflich "irgendwas mit Politik" macht, berufen, sich zur sogenannten "Cannabislegalisierung" zu äußern. CDU Abgeordneter fordert "Rolle rückwärts". Muss das wirklich sein? Es nervt.

Daniel Kölbl SHZ

Der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag titelte am 29.11.2025 [1]:

"CDU-Politiker will Kehrtwende. Debatte um Legalisierung: Gibt es mehr Auto-Unfälle durch Cannabis-Konsum?"

Was dieser Titelzeile folgt, ist ein ausgemachter Blödsinn. Textzitat:

"Daniel Kölbl (CDU) fordert die Rolle rückwärts bei der Cannabis-Legalisierung. Der Bundestagsabgeordnete aus dem Kreis Pinneberg begründet das mit der Gefahr für den Straßenverkehr. Die Zahl der Unfälle mit Personenschaden unter Drogeneinfluss ist laut Statistischem Bundesamt seit der Teil-Legalisierung im April 2024 in Schleswig-Holstein deutlich gestiegen."

Was war passiert?

Der Pinneberger Hinterbankabgeordnete Daniel Kölbl (Hat schonmal jemand was von dem gehört?) fühlt sich berufen, einen Trend festzustellen, den allerdings außer ihm niemand sieht. Na ja, Herbert Reul vielleicht, oder Rainer Wendt. Für Kölbl ist die Sache "klar genug". Na ja, Doppelkorn ist auch klar, aber Wahrheit liegt trotzdem nicht darin. Da kann der verhinderte Turnvater noch so viele Rückwärtsrollen fordern.

Die Reprohibitionsquerfront müht sich redlich, dem normierten Unionswähler in einfachen Worten und Bildern die ungeheure Gefahr, die von dem ungiftigen, seit Jahrtausenden als Heilmittel verwendeten Kraut ausgeht, verständlich zu machen. Obwohl, Verständnis braucht es da nicht einmal, einfacher blinder Glaube an das Wort des Mandatsträgers reicht da schon, denn: "Die Partei, die Partei, die hat immer Recht ..."

Dass der feine Herr Abgeordnete da vollkommenen Unsinn zusammenfabuliert, fällt wohl nicht sonderlich ins Gewicht, denn schließlich machen das seine Vorbilder im Kader ja auch nicht anders. Aber so kommt man wenigstens mal in die Regionalmedien, vielleicht reicht  es bei entsprechend radikalen Forderungen auch zum Nischenplatz im RND.

Im Kreis Pinneberg (325.000 EW) gingen laut Artikel die Unfälle mit Drogeneinfluss (ALLE Drogen ohne Alkohol) 2024 von 28 (Vorjahr) auf 21 zurück. 

Statistik DRogen Unfälle Schleswig-Holstein
Bild: Diagramm zu Unfällen mit "anderen berauschenden Mitteln" im Bundesland Schleswig-Holstein [2]

Man fragt sich angesichts der Faktenlage unweigerlich, von welcher Qualität die Kristallkugel dieses allwissenden Abgeordneten wohl ist, wenn doch die Erfassung von Unfällen mit Personen- oder schwerwiegendem Sachschaden in Verbindung mit Cannabis überhaupt erst seit Juli 2025 technisch möglich ist [3]. Verfügt die CDU in Pinneberg über geheime Datenquellen, von denen wir nichts wissen? Oder hat er einfach mal im Bekanntenkreis herumgefragt? Was folgt als nächstes?

  • Mehr Lepraerkrankungen im Kongo wegen Cannabislegalisierung!
  • Mehr tödliche Haushaltsunfälle durch Homegrow!
  • Mehr Depressionen bei Polizisten wegen Cannabisentkriminalisierung!
  • Mehr Schnapsleichen auf dem Kotzhügel wegen Cannabisfreigabe!
  • Mehr Zigarettenkonsum wegen 1.000 legaler Joints aus  Eigenanbau!
  • Mehr Cannabistote wegen Anbauvereinigungen!
  • Mehr Soundso wegen dies-das-jenes mit Cannabis!

Eigentlich sollte man aus dem Lachen nicht mehr herauskommen wegen der offensichtlichen Ahnungslosigkeit solcher ähem ... "Politiker". Aber das Dumme ist: Diese Leute sind (zumindest rudimentär als Wasserträger) an der Regierung beteiligt! Was stimmt nicht mit diesen Leuten? Blöken die den Unsinn so vehement raus, weil sie auf ein paar Krümel von der großen Lobbyrumkugel der Schnapsbrenner und Bierbrauer hoffen? Oder wollen die den Millionen Cannabisnutzern einfach nur ihre Verachtung ausdrücken?

Sind unter den (geschätzt) 10-15 Millionen Menschen, die Cannabis in der einen oder anderen Form mehr oder weniger häufig konsumieren eigentlich auch CDU-Wähler? Falls ja: Bitte jetzt (!) das Gehirn zuschalten und über Wahlentscheidungen nachdenken! Warum? Weil sie euch BELÜGEN! Gut, das haben die Unionisten schon immer getan, aber so dreist wie in den letzten zwei Jahren haben sie es sich vorher nicht getraut, da hatten Mutti und Birne schon ein Auge drauf. Ich glaube, die älteren, pensionierten CDU-Politiker, die das sehen, schämen sich inzwischen für das, was aus ihrer Partei geworden ist: Ein billiger, durchschaubarer Abklatsch der MAGA-Clique, der nichts auf die Reihe kriegt und Deutschland sehenden Auges wirtschaftlich an die Wand fährt, während man auf harmlose Konsumenten einpöbelt.

Also, noch einmal (ganz simpel) zum Mitschreiben. AUFGEMERKT, Herr Kölbl!

  • Cannabis wird seit mindestens 7.000 Jahren von Menschen benutzt, um zu heilen und zu berauschen.
  • Cannabis ist nicht giftig und enthält Wirkstoffe (Cannabinoide), die der Körper auch produziert.
  • Cannabis ist seit gut 100 Jahren verboten, weil ein deutscher Pharmariese gern Heroin verkaufen wollte.
  • Cannabis (hier: THC) führt nicht zur Selbstüberschätzung wie Alkohol, besonders im Straßenverkehr
  • Cannabis ist in Deutschland nicht "legalisiert", sondern lediglich etwas entkriminalisiert worden.

Aber natürlich passt Kölbls mutiger Vorstoß ziemlich genau in das Konzept der Innenministerkonferenz, die künftig gern bei festgestelltem "Mischkonsum" ohne jeden Zusammenhang mit Teilnahme am Straßenverkehr eine anlasslose MPU fordert. Sitzt du also im Biergarten, trinkst ein Radler und konsumierst mit dem Vaporizer deine Medizin, kannst du erstmal der MPU-Mafia ein bis drei Monatsgehälter in den Rachen werfen und vom Restgeld kaufst du dir dann ne Busfahrkarte, weil man zweifelsfrei festgestellt hat, dass du nicht geeignet bist, ein Fahrzeug zu führen. Wie war das noch gleich, wenn CSU-Politiker besoffen jemanden totfahren? Ach ja, die werden Verkehrsminister mit Dienstwagen und Fahrer [4]. Und das sind keine Einzelfälle [5]. Der feine Herr Redmann von der CDU beispielsweise kauft sich mit 1,3 Promille einfach frei [6].

Aber die bösen KIFFER!!! Die muss man jetzt mal drankriegen! Einfach alles wieder verbieten und gut ist. Na ja, im Grunde ist nix wirklich gut, oder? Sind wirklich Leute, die abends eine Portion Cannabis zur Entspannung konsumieren und morgens völlig ausgenüchtert ins Auto steigen, das größte Problem, das unsere Gesellschaft hat? Deutschland wird gerade mit Kokain geflutet und die Schaumkrönchen der Wellen sind mit Fentanyl bestäubt. Alkohol und Nikotin gibt es beim Discouter an der Kasse, gleich neben den Süßigkeiten für die Kleinen. Schüler bestellen sich im Netz per Social Media jede Menge nicht näher definierter Chemikalien, um der Tristesse des Alltags zu entfliehen. Aber der Herr Kölbl hat das drängendste aller Probleme messerscharf erkannt. Meint er.

Um eines klarzustellen: Wer berauschende Substanzen konsumiert, sollte bis zur Nüchternheit die Hände vom Lenkrad und von schweren Maschinen lassen! Das gilt nicht nur für Cannabis, sondern auch für Alkohol, Kokain, Crack, Meth, Badesalz, Lachgas, Opioide, Psychopharmaka und so weiter und so fort. 

Doch diese Hetzjagd, die da medial veranstaltet wird, unterstellt den Cannabisnutzern dreist, im berauschten Zustand zu fahren. Dabei sind die zunehmenden Verkehrskontrollen (Kontrolldichteerhöhung), die lediglich Abbauprodukte feststellen können (auch Tage nach dem Konsum), keine aussagekräftige Messlatte. Solche Kontrollen sind wirklichkeitsverzerrend. Bei Alkoholkontrollen (Ersteinschätzung durch Anhauchen) fällt dem Beamten der Wodkatampon im Anus des Wirkungstinkers auch nicht auf. Es macht also NULL Sinn, die Kontrollen zu verschärfen oder Stoffe zu verbieten. Eine Ausweitung der AUFKLÄRUNG und BERATUNG wäre viel wichtiger

Wichtig wäre auch, dass solche Plaudertaschen wie Herr Kölbl einfach mal den Schnöter halten, wenn sie keine Ahnung haben.

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[1] Quelle gesehen am 01.12.2025, 14:00h: https://www.shz.de/lokales/pinneberg-schenefeld/artikel/debatte-entbrannt-mehr-auto-unfaelle-durch-cannabis-konsum-49569584
[2] siehe hierzu: Verkehrssicherheitsbericht SH 2024: https://www.schleswig-holstein.de/DE/landesregierung/ministerien-behoerden/POLIZEI/Verkehrssicherheit/Verkehrssicherheitsbericht/_downloads/vsb_2024.pdf
[3]Quelle gesehen am 01.12.2025, 14:15h: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-1105510
[4] Quelle gesehen am 01.12.2025, 14:30h: https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Wiesheu#Verurteilung_wegen_fahrlässiger_Tötung
[5] Einfach mal bei Google nachschauen: https://www.google.com/search?q=csu+alkoholfahrt
[6] Quelle gesehen am 01.12.2025, 14:30h: https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2024/08/brandenburg-cdu-redmann-strafe-alkohol-escooter-8000-euro-geldstrafe-fahrerlaubnis.html